Die digitale Transformation bietet kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Schweiz enorme Chancen – gleichzeitig zwingt sie sie, ihre bisherigen Geschäftsmodelle grundlegend zu überdenken. Entscheidend ist nicht mehr nur, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu kennen, sondern sie konsequent in tragfähige Konzepte zu übersetzen, die Umsatz, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Was versteht man unter einem digitalen Geschäftsmodell?
Vereinfacht gesagt nutzt ein digitales Geschäftsmodell Technologie gezielt, um einen klaren Mehrwert für Kundinnen und Kunden zu schaffen – und damit die Basis für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg zu legen. Im Zentrum stehen digitale Produkte und Services, Online-Vertriebskanäle, automatisierte Prozesse und eine systematische Nutzung von Daten.
Typische Beispiele sind Streaming-Angebote, Plattformen, die Anbieter und Kundschaft effizient zusammenbringen, oder Lösungen, die auf künstlicher Intelligenz basieren. Ihnen allen gemeinsam ist: Der Kundennutzen entsteht zu einem wesentlichen Teil digital – sei es über personalisierte Angebote, bequeme Self-Service-Funktionen oder neue, datenbasierte Services.
Wo stehen Schweizer KMU heute?
Viele Schweizer KMU haben die Zeichen der Zeit erkannt: Ein grosser Teil misst der digitalen Transformation eine hohe bis sehr hohe Bedeutung bei. Zufrieden mit dem eigenen Fortschritt sind jedoch deutlich weniger Unternehmen. In der Praxis zeigt sich häufig eine Lücke zwischen Anspruch und Realität.
Die Gründe dafür sind bekannt: Es fehlt oft an internem Know-how, das Tagesgeschäft lässt wenig Raum für strategische Digitalprojekte, und Investitionsentscheide werden aufgeschoben. Hinzu kommt die Unsicherheit, welche Technologien wirklich zur eigenen Strategie passen – und welche nur kurzfristige Trends sind.
Gleichzeitig steigt das Risiko im Cyberraum. Studien zeigen, dass bereits ein signifikanter Anteil der Schweizer KMU von Cyberangriffen betroffen war – mit direkten finanziellen Schäden oder sogar Reputationsverlusten als Folge. Digitalisierung ohne Sicherheit ist damit faktisch keine Option mehr.
Erfolgreiche Ansätze und neue Einnahmequellen
Ein Blick auf erfolgreiche Beispiele zeigt, dass sich der Einstieg in digitale Geschäftsmodelle lohnt: Traditionsunternehmen entwickeln sich zu Anbietern eigener digitaler Lösungen, öffnen neue Vertriebskanäle und adressieren Zielgruppen, die sie früher kaum erreichen konnten.
So lassen sich etwa aus einem klassischen Produktgeschäft zusätzliche, wiederkehrende Einnahmen generieren – beispielsweise über Abonnementsmodelle für Dienstleistungen, Wartung oder digitale Zusatzfeatures. Andere Unternehmen verlagern Teile ihres Vertriebs in den Direktkanal und verkaufen online direkt an Endkunden, ohne Zwischenhändler.
Auch Plattform- und Vermittlungsmodelle gewinnen an Bedeutung: KMU positionieren sich als Schnittstelle zwischen verschiedenen Marktteilnehmern, ermöglichen Transaktionen oder Services und monetarisieren diese Rolle über Gebühren, Provisionen oder Zusatzdienste.
Konkrete Szenarien für neue Einnahmequellen sind unter anderem:
- Subscription- und Service-Modelle – etwa Software- oder Service-as-a-Service mit wiederkehrenden Erträgen.
- Plattformmodelle – digitale Marktplätze, auf denen Kundenbeziehungen und Geschäfte angebahnt und abgewickelt werden.
- E-Commerce und Direct-to-Consumer (D2C) – direkter Online-Vertrieb ohne klassische Zwischenstufen.
- Digitale Beratungs- und Schulungsangebote – zum Beispiel Webinare, Online-Kurse oder virtuelle Services.
Wie gelingt die Umsetzung in der Praxis?
Erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle entstehen selten zufällig. Sie sind das Ergebnis eines systematischen Vorgehens – vom ersten Analyse-Schritt bis zur kontinuierlichen Weiterentwicklung.
Am Anfang steht eine nüchterne Bestandsaufnahme: Welche Prozesse laufen heute im Unternehmen? Wo entstehen Medienbrüche, Doppelarbeiten oder Verzögerungen? Und vor allem: Wo ist der Mehrwert für die Kundschaft, wenn diese Schritte digitalisiert oder neu gedacht werden?
Darauf aufbauend gilt es, klare Prioritäten zu setzen: Welche Geschäftsbereiche sollen zuerst digital transformiert werden? Welche Technologien werden dazu benötigt? Welche internen und externen Ressourcen sind erforderlich – und in welchem Zeitrahmen?
Zentral ist zudem die Rolle der Mitarbeitenden. Ohne Akzeptanz und Fähigkeiten im Team bleibt jede Digitalstrategie ein Papiertiger. Schulungen, transparente Kommunikation und das aktive Einbinden der Mitarbeitenden in Entwicklungsprojekte entscheiden häufig darüber, ob neue Modelle auch tatsächlich gelebt werden.
Ein weiterer Schlüsselbereich ist die Cybersecurity. Sicherheitsfragen dürfen nicht erst am Ende eines Projekts gestellt werden, sondern müssen von Beginn an mitgedacht werden – von der Wahl der Infrastruktur über Zugriffsrechte bis hin zu Notfallplänen. Digitale Geschäftsmodelle sind nur dann nachhaltig, wenn sie auf einer robusten und sicheren Basis stehen.
Fazit: Mut zur Digitalisierung zahlt sich aus
Für Schweizer KMU eröffnet die Digitalisierung ein beträchtliches Wachstumspotenzial. Wer sein Geschäftsmodell gezielt weiterentwickelt, kann neue Einnahmequellen erschliessen, Abläufe effizienter gestalten und sich im Wettbewerb klar differenzieren. Gleichzeitig verlangt dieser Weg Mut, klare strategische Entscheidungen und die Bereitschaft, eingespielte Routinen zu hinterfragen.
„Back to digital business“ bedeutet damit nicht eine Rückkehr zur alten Normalität, sondern den Schritt in eine neue, konsequent kundenzentrierte und datengetriebene Realität. Für KMU, die diese Chance ergreifen, kann die Digitalisierung vom Risiko zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden.
